Das Tier in mir oder ab ins Rampenlicht

Das Tier in mir oder ab ins Rampenlicht

Ich spüre ein Tier in mir. Das ist Chuchundra, die Moschusratte, die sich kaum aus ihrem Winkel traut und immer an den Wänden entlang schleicht. Ein kleines Tier mit gebrochenem Herzen, das die ganze Nacht zittert und wimmert und versucht, Mut zu fassen, um in die Mitte des Raums hinaus zu rennen – und es nie schafft. Ich liebe sie trotzdem. In letzter Zeit benimmt sie sich merkwürdig. Sie durchquert den Raum und bemerkt es anscheinend nicht einmal. Oder sie…

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Meine ersten Leseerlebnisse

Meine ersten Leseerlebnisse

Meine Eltern waren selbst fleißige Leser und haben mir das Lesen früh, das heißt im Alter von fünf Jahren, beigebracht. Als Kind las ich viel, und meine andauernde rheumatische Erkrankung, die mich wenn nicht gerade ans Bett, so doch oft an mein Zimmer fesselte, trug dazu entscheidend bei. Ich kann mich nicht mehr an die ersten Bücher erinnern, die ich gelesen habe, wahrscheinlich waren es politisch korrekte Werke über furchtlose, moralisch einwandfreie Helden und parteitreue Pioniere. Das erste Buch, das…

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Extrakurze Kurzgeschichten

Extrakurze Kurzgeschichten

Flieg, Schriki, flieg! Vorsichtig öffneten wir den Käfig mit dem Eisvogeljungen. «Mach’s gut, Schriki.» Das zarte Geschöpf witterte Freiheit und schlug heftig mit den Flügeln. Sein Federkleid schimmerte wie ein winziger Regenbogen im Sonnenlicht, das durch das offene Fenster hineinfiel. Das Vögelchen hüpfte ein paarmal hin und her, stieß an die Gitterstäbe und fand schließlich den Weg aus seinem Gefängnis. Auf dem Fensterbrett ließ es sich kurz nieder und drehte sich um, als wollte es sich von uns verabschieden. Ein…

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Schreibe stur, schnell und schlecht oder Was ist wichtig für gute Texte

Schreibe stur, schnell und schlecht oder Was ist wichtig für gute Texte

Heute Nacht bin ich von meinem dreitägigen Abstecher nach Berlin zurückgekommen, jetzt sitze ich da und reflektiere. Reflektieren ist bei mir ohnehin groß geschrieben, das tue ich mehr als alles andere. An manchen Tagen besteht mein Denken ausschließlich aus Reflektieren. Bis jetzt fand ich das ganz okay. Wie schlecht es in Wirklichkeit um mich steht, fiel mir erst vorgestern auf, bei einer Schreibübung im Workshop «Kreativitätstechniken» mit Tanja Steinlechner. Moment mal, war das erst vorgestern? Kaum zu glauben. Das eben…

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Katzenjammer

Katzenjammer

Die ersten fünf Monatshefte meines zweijährigen Fernlehrgangs schaffte ich jeweils in durchschnittlich drei Wochen. Yuppie! Mein Ziel war es, den Lehrgang trotz zweimonatiger Australienpause rechtzeitig zu beenden. Dann stockte es. Die endlosen Schulferien, die immer wieder dazwischen kamen, zerfetzten meinen Zeitplan. In den fünf Wochen Sommerferien kam ich zu absolut nichts, außer überall herum zu reisen. Kaum hatte ich mich Mitte August in meinem Lern- und Schreibrhythmus wieder eingefunden, folgten Schlag auf Schlag je zwei Wochen Herbst-, Weihnachts- und Winterferien….

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Ein Prinz, der Armut wählte

Ein Prinz, der Armut wählte

In einem fernen Königreich lebte einmal ein sehr junger Prinz. Er hatte die kostbarsten Gewänder, den edelsten Schmuck und die schönsten Spielsachen, die es je auf der Welt gegeben hatte. Seine Mutter, die Königin, liebte ihn über alles und verwöhnte ihn. Eines Tages wurde die Königin sehr krank. Die besten Heiler des Königreichs wussten keinen Rat. Der Prinz wollte nicht, dass seine Mutter starb, denn dann würde ihn niemand mehr lieben. Er betete, dass seine Mutter wieder gesund werden möge,…

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Nenn mich nicht Schatz!

Nenn mich nicht Schatz!

«Nur Salat? Seit wann bist du auf dem Gesundheitstrip?» «Ich habe einfach keinen Hunger.» «Aha.» Philipp bestellte für sich ein Mittagsmenü und tippte weiter auf seinem Smartphone herum. «Ich muss heute länger in der Kanzlei bleiben», sagte er beiläufig. «Wir haben ein vielversprechendes Mandat bekommen und Vater möchte, dass ich mich da einarbeite.» Er blickte kurz auf. «Aber wir wollten doch zusammen kochen.» Tamara spielte mit der Gabel. Ihre langen, apfelgrün lackierten Fingernägel glitzerten im frühlingshaft zarten Sonnenlicht, das hier…

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Aus einem fremden Tagebuch

Aus einem fremden Tagebuch

Wieder fast drei Uhr geworden. Früher ins Bett gehen klappt immer noch nicht, wozu auch? Die Dienstags-Talk Show war Schrott. Keine spannenden Themen mehr, immer nur dieser moderne Mist. „Mein Mann will sich zur Frau umwandeln lassen“, wen interessiert’s? Da sitzt eine im Studio und weint sich die Augen aus. Tja, die hätte sich einfach besser um ihren Mann kümmern sollen. Sieht selbst aus wie ein Mann. Alles reine Zeitverschwendung. Die süße Sprecherin der späten Nachrichten ist weg, schade. Ein…

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Welcher Ordnungstyp bin ich?

Welcher Ordnungstyp bin ich?

Vorwort Bei einer Übung im Grundkurs sollte man seinen Platz in der Ordnungslandschaft der Schreibwelt finden, irgendwo zwischen dem intuitiven Drauflos-Schreiber und dem systematischen Ordnungsfanatiker. Folgende Selbstbekenntnis ist mir dabei aus der Feder geflossen. Welcher Ordnungstyp bin ich? Wer bekennt sich schon freiwillig als Kleingeist, der krampfhaft (an) Ordnung hält? Ich wäre gern anders, aber um das Chaos zu überblicken, fehlt mir das Geniale. Ordnung und Planung beherrschen alles, was ich tue, vom Einräumen der Spülmaschine bis zum Vorbereiten eines…

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Die verlassene Stadt

Die verlassene Stadt

Vorwort Eins der Lernthemen im Grundkurs war Interpunktion und wie man sie gezielt einsetzen soll. Hier ist der kleine Text, den ich als Übung zu diesem Thema schrieb.   Die Stadt war vollkommen. Es war eine Neubaustadt aus einem Werbeprospekt: breite Straßen strebten zum Fluchtpunkt, Bänke säumten sie wie Ehrengarde, Hochhäuser bildeten wohlgeordnete Muster. Es war ein Geometrietraum, eine Symphonie aus Winkeln und Kurven. Nichts störte die Vollkommenheit. Keine Autos düsten auf sorgfältig markierten Fahrspuren. Keine Passanten huschten über Bürgersteige….

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