Südsee, Teil 1: Anreise

Südsee, Teil 1: Anreise

Was so lange in Planung und trotzdem irgendwie unwirklich war, ist wahr geworden – ich bin in der Südsee. Seit achtzehn Tagen streife ich über grössere und kleinere Inseln, und fast hundert Tage stehen mir noch bevor. Heute möchte ich euch über den ersten Teil meiner Reise erzählen, nämlich über die Anreise. Bei dieser Länge verdient sie eine gesonderte Schilderung.

Die Anreise hat sich über drei Tage hingezogen. Die Zugfahrt nach Paris, die Hotelübernachtung am Paris Orly sowie der Flug über San Francisco nach Papeete verliefen wie geplant, ohne Störungen oder Zwischenfälle. Der TGV aus Zürich fuhr im Gare de Lyon pünktlich ein, der Uber-Fahrer in Paris sprach gut Englisch, das Hotel war trotz der Nähe zur Start- und Landebahn nicht hellhörig und das angeschlossene Restaurant bot ausgezeichnete portugiesische Gerichte. Vor allem Fisch erfreute sich grosser Beliebtheit. Ich bestellte Suppe mit Meeresfrüchten und Ofen-Kabeljau. Dieser kam eingebettet in Karotten, Zwiebeln, Bohnen und Kartoffeln und schmeckte vorzüglich. Die Portion hätte locker für vier Personen gereicht.

Ofen-Kabeljau

Der Vorort Athis Mons, in dem das Hotel stand, erschien mir mit seinen Patchwork-Strassen und kleinen, hoch eingezäunten Grundstücken auf den ersten Blick etwas trist. Das Concord-Museum, auf das ich mich gefreut hatte, war geschlossen. Es hätte wohl auch nicht viel geboten mit seinem winzigen Gebäude und einem draussen ausgestellten traurigen Exemplar, das seinen Glanz längst verloren hatte, auf der einen Seite mit „Air France“, auf der anderen mit „British Airways“ angeschrieben. Am nächsten Morgen entdeckte ich zehn Gehminuten vom Hotel entfernt einen kleinen lauschigen Park mit Schatten, einem Ziegengehege und Ausblick auf den Flughafen. Eine Stunde Spazieren tat mir nach dem üppigen Abendessen am Vortag und dem für französische Verhältnisse überraschend reichhaltigen Frühstück gut, und ich verliess den Ort in friedlicher Stimmung.

Park

Der Flug verging ruhig, weder über dem Atlantik, noch über dem Pazifik gab es nennenswerte Turbulenzen. Trotz Fensterplatz konnte ich am Tag wegen der Wolken fast nichts sehen und in der Nacht verständlicherweise auch. Dafür wurden vier mehr als reichliche Mahlzeiten serviert. Die Flugzeit verbrachte ich mit Filmen auf dem iPad und ganz brav mit Schlafen, was in der Premium Economy zugegeben besser klappt als in Economy. Kurz nach vier Uhr morgens landeten wir pünktlich in Papeete. Die geplante Fähre nach Moorea legte erst um acht Uhr ab, ich hatte also keine Eile. Zuerst fand ich einen Bankomaten und liess achtzigtausend Pazifische Francs aus, was etwa siebenhundert Schweizer Franken entspricht. Danach trank ich einen Kaffee mit einem stattlichen, auf französische Art weichen Croissant und machte mich auf den Weg zum Hafen. Ich wollte einen lokalen Bus nehmen – wenn schon, denn schon, ab jetzt bin ich in Französisch-Polynesien auf eigene Faust unterwegs und möchte das Leben hier in allen seinen Facetten kennen lernen. Der Bus hielt aber weit entfernt an einem Hang, mein Koffer war schwer und ich nach dem langen Flug etwas benommen, und so gab ich klein bei und nahm ein Taxi. Der Einstieg ins lokale Leben musste etwas warten.

Bei der Ankunft in Papeete wird man schon am Flughafen mit fröhlicher polynesischer Musik begrüsst

Am Hafen angekommen konnte ich meinen Koffer gleich für die Fähre abgeben. Nur noch mit dem Rucksack beladen, stieg ich auf die Aussichtsterrasse im oberen Stock des Fähren-Terminals. Die gerade aufstehende Sonne brachte Farben in die Szenerie. Vor mir glänzte die Bucht von Papeete morgendlich spiegelglatt, unter den roten und gelben Armen der Hafenkräne harrte ein Maersk-Containerschiff aus, am Quai ruhten zahlreiche schneeweisse Yachten dicht beieinander. Linker Hand erstreckten sich die Strassen mit ihren zusammengewürfelten Häusern, dahinter erhoben sich grüne Hänge. In diesem Stock befanden sich die Ausgänge zu den Fähren und ein von allen Seiten offenes Café. Noch ein Kaffee, bereits der dritte heute, und das morgens um halb acht. Ich trank ihn langsam, mit Blick auf das geschäftige Treiben im Hafen. Ich bin in der Südsee, sagte ich mir immer wieder, ich bin wirklich in der Südsee, auf Tahiti, und viele geheimnisvolle Inseln warten auf mich. Es wird mehrere Tage dauern, bis ich mich an diesen Gedanken gewöhne, aber das Café erkläre ich jetzt schon zu meinem Lieblingsplatz in Papeete. 

Fähren-Terminal

Ich bin aktuell auf hoher See in der Nähe des Marquesas-Archipels. Die Internetverbindung vom Schiff läuft über Satelliten und ist recht wackelig. Sobald ich wieder eine stabilere Verbindung habe, geht es hier weiter mit meinem Reisebericht.

2 Gedanken zu „Südsee, Teil 1: Anreise

  1. Gut, dass du der Anreise eine eigene Beschreibung widmest. So wird der allmähliche Übergang von unserer Welt in deine ersehnte, erträumte Inselwelt begreifbar. Was ich spannend finde: du bist in einem gut organisierten und funktionierende Teil unserer Welt des 21. Jahrhunderts unterwegs und trotzdem bist du jetzt an einem ganz anderen Ort.

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